Von ZeitZeugen

Es war kalt und regnerisch am vergangenen Wochenende, als fege mit dem Herbstwind eine spezielle Herausforderung durch die alte Kirche in Hohenofen.
Unsere vierwöchige Ausstellung „HEXE VON S.“ fand mit Finissage, Hierka und Brunch&Talk ihren Abschluss.
Für uns drei beteiligte Künstlerinnen ist das Hexenthema damit zunächst abgeschlossen, was nicht heißt, dass wir den Hexenbesen nicht an anderer Stelle wieder besteigen, denn wir wissen, dass das Thema nur angetastet wurde und sich in viele Richtungen künstlerisch weiter untersuchen ließe.
Ein Teil unserer Hanfernte mündete in den Hexen-Zopf, der als Hingucker und Einlader aus einem Kirchenfenster hing, ein anderer Teil der Ernte wartet weiter auf seine künstlerische bzw. handwerkliche Verarbeitung. Konzeptionelles künstlerisches Arbeiten, das die Region einbezieht oder sich konkret auf sie bezieht, lag in den vergangenen Monaten wieder unserem Tun zugrunde, aus dem eigenständige künstlerische Werke entstanden.
Anke Meixners an der Kirchendecke aufgespanntes Netz aus handgeschöpftem Papier und Hanfschnur lotete fragile Zusammenhalte aus, wie sie in unserer Gesellschaft in vielen sozialen Zusammenhängen vorkommen, nicht nur in einer Dorfgemeinschaft, sondern ebenso in der Familie oder in großen politischen Verbänden.
An den Kirchenfenstern hingen herausgerissene Papiersilhouetten, Gleichnis zu den aus ihrem Leben gerissenen Frauen.
Ute Fürstenberg widmete sich erdachten Mitmenschen der verbrannten Frauen. Sie ließ Teile der Kirchgemeinde durch schwebende Gesangbuchseiten in Erscheinung treten und Fragen zum Umgang mit den zur Hexe Verurteilten im Raum hängen.
Feministische Gedankenansätze zum Thema zeigten sich in der Text- wie auch in der Filzarbeit von Petra Walter-Moll. Patriarchale Strukturen im Umgang mit Frauen ziehen sich durch die Jahrtausende. In der Ausstellung stand als historisches Beispiel Lilith, die dämonisierte erste Frau Adams, in einem fiktiven Gespräch Eva gegenüber, Adams gefügiger Gefährtin, dennoch aus dem Paradies verbannt.
Mit einer Filzarbeit in Form von Rosen, die ebenso Vulven darstellen und als Sammelobjekte präsentiert wurden, bezog sich die Künstlerin auf sexualisierte patriarchale Beziehungsstrukturen.
Eine Historische Erkundungsaufstellung (Hierka) mit Julia von Grünberg war als Versuch, den Betroffenen in ihrer Zeit um die Mitte des 17. Jahrhunderts nachzuspüren, eine interessante Erfahrung für die beteiligten Probanden. Sie ließ erkennen, dass Urteile und Schuldzuweisungen aus heutiger Sicht nicht zwangsläufig mit den tatsächlichen Ereignissen der damaligen Zeit übereinstimmen, dass differenzierte, umfängliche Betrachtungen der geschichtlichen Zusammenhänge und unterschiedliche Sichtweisen nötig wären, um wirklich zu verstehen, was geschah. Könnte es sein, dass wir zu häufig vorschnell urteilen, Ereignisse zu Tatsachen verknüpfen, die sich später als Irrtum oder Täuschung herausstellen? So lautete ein Fazit der Aufstellung – oder auch, dass wir oft unbeweglich und desinteressiert Gewalt, Denunziation und Schuldzuweisung zulassen, ohne die mitunter grausamen Folgen zu bedenken.

Blick in die Ausstellung
Ute Fürstenberg, „Gesangbücher“, Detail
Ute Fürstenberg, „Gesangbücher“
Petra Walter-Moll, „Blaubarts 7. Kammer“
Petra Walter-Moll, „Blaubarts 7. Kammer“, Detail

Anke Meixner, „Herausgerissen“, Detail
Anke Meixner, „Kleine Hexen“
Petra Walter-Moll, „Lilith und Eva, ein Gespräch“, Detail
Anke Meixner, „Herausgerissen“, Detail
Fotos: PWM, Anke Meixner (1)

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